Als Mr. Larry Hutchins 90 Jahre alt wurde, dachte er darüber nach, dass er immer noch kein Testament hatte. Eines Tages verkleidete er sich als Obdachloser und ging in seinen Supermarkt, um einen zukünftigen Erben zu finden. Doch das stellte sich als keine leichte Aufgabe heraus.
Mr. Hutchins war der 90-jährige Besitzer der größten Supermarktkette in Texas und ein äußerst wohlhabender Mann. Für sein Alter sah er attraktiv aus: braune Augen, silbernes Haar. Doch sein Geschäft nahm all seine Zeit in Anspruch, und trotz seines natürlichen Charmes hatte er nie eine Frau oder Kinder gehabt.
Mit den Jahren beschäftigte ihn die Frage des Erbes immer mehr. „Wer wird all das erben, was ich geschaffen habe, wenn ich sterbe?“ fragte er sich eines Tages.
Er war nicht geneigt, sein Vermögen für wohltätige Zwecke zu spenden. Er wollte es jemandem hinterlassen, der seine harte Arbeit wirklich zu schätzen wusste. Auch wollte er es nicht einfach einem entfernten Verwandten vermachen – im Geschäft hatte er mehr Feinde als Freunde, und das hatte er am eigenen Leib erfahren.
Als ihm keine weiteren Optionen einfielen, rief er seinen Anwalt, Mr. William Carter, an und bat um Rat.
„Was denkst du darüber, William?“ fragte er. „Ich habe lange nachgedacht, aber ich kann mich nicht entscheiden.“
„Nun, Mr. Hutchins, ich weiß, dass Sie nicht alles für wohltätige Zwecke spenden wollen, also fällt diese Möglichkeit weg. Haben Sie entfernte Verwandte?“
„Wenn man von klein auf Waise ist, will niemand Verantwortung für einen übernehmen, Will“, erinnerte sich Mr. Hutchins traurig. „Ich kam fast mittellos nach Texas und habe mein Geschäft über Jahre aufgebaut. Ich möchte es jemandem hinterlassen, der den Wert harter Arbeit versteht und nicht nur irgendeinem Verwandten.“
„Ich verstehe, Sir. Das ist keine einfache Situation. Geben Sie mir etwas Zeit, ich werde mir etwas überlegen. Lassen Sie uns am Freitag treffen.“
„In Ordnung, Will“, stimmte Mr. Hutchins zu und legte auf. Doch nach dem Gespräch wurde ihm klar, dass es nicht so schnell eine Lösung geben würde.
Am nächsten Tag setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann, eine Liste möglicher Erben zu erstellen. Nach mehreren Stunden stellte er fest, dass er keinen einzigen Namen hinzugefügt hatte.
Enttäuscht legte er seinen Stift weg und wollte gerade gehen, als ihn eine Idee traf. „Was, wenn ich meine Mitarbeiter teste?“ dachte er. „Vielleicht gibt es unter ihnen jemanden, der wie ich den Wert harter Arbeit kennt.“
Am nächsten Tag zog er alte Kleidung an, kaufte sich einen gebrauchten Gehstock und klebte sich einen falschen Bart an. So verkleidet machte er sich auf den Weg zu seinem Supermarkt.
„Verschwinden Sie von hier, alter Mann!“ schrie die Kassiererin namens Lindsay. „Solche wie Sie sind hier nicht willkommen!“
„Aber gnädige Frau, ich brauche nur etwas zu essen. Ich habe seit Tagen nichts gegessen, bitte helfen Sie mir“, flehte Mr. Hutchins.
„Dann sind Sie hier falsch“, antwortete Lindsay kalt. „Obdachlose wie Sie sollten draußen um Almosen bitten und nicht in edlen Geschäften herumlaufen!“
„Wow, ich habe wirklich grausame Leute eingestellt“, dachte Mr. Hutchins. „Vielleicht finde ich ja unter den Kunden eine anständige Person?“
Doch auch dort hatte er kein Glück.
„Wer hat diesen schmutzigen alten Mann hier reingelassen?“ rief eine Frau in der Warteschlange. „Bleib mir bloß vom Leib, du stinkst!“
„Aber gnädige Frau…“ begann Mr. Hutchins, doch sie unterbrach ihn.
„Gebt ihm etwas Geld und schickt ihn auf die Straße!“ stimmte ein Mann ihr zu.
Als er erneut versuchte zu erklären, dass er nur etwas zu essen wollte, kam eine Verkäuferin auf ihn zu.
„Verschwinden Sie sofort!“ befahl sie. „Die Kunden beschweren sich, das können wir nicht zulassen! Wer hat Sie überhaupt hier reingelassen? Die Sicherheitsleute hätten Sie aufhalten müssen!“
„Ja, Linda“, fügte der Stammkunde Mr. Drummonds hinzu. „Werft ihn raus, sonst komme ich nicht mehr hierher! Und sagt den Sicherheitsleuten, dass sie solche wie ihn nicht reinlassen!“
„Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, Sir“, entschuldigte sich Linda. „Ich werde sofort die Security rufen.“
„Gibt es in diesem Laden wirklich keinen einzigen guten Menschen?“ dachte Mr. Hutchins enttäuscht und wollte schon gehen. Doch in diesem Moment ertönte eine Stimme:
„Alle weg von dem alten Mann!“
Mr. Hutchins drehte sich um und sah seinen Administrator Lewis. Der junge Mann war erst 25 Jahre alt, hatte sein Studium aus finanziellen Gründen abgebrochen und war einer der jüngsten Mitarbeiter des Geschäfts.
„Lewis, denkst du wirklich, dass Mr. Hutchins es gutheißen würde, wenn so jemand hier ist?“ fragte Lindsay verächtlich.
„Ich kenne Mr. Hutchins besser als du, Lindsay“, antwortete Lewis. „Also tu deine Arbeit, bevor ich ihm von deinem Verhalten erzähle.“
Dann wandte er sich an Mr. Hutchins.
„Entschuldigen Sie die Unhöflichkeit meines Personals, Sir. Bitte kommen Sie mit mir.“
Lewis nahm einen Korb, füllte ihn mit Lebensmitteln, bezahlte sie aus eigener Tasche und überreichte sie Mr. Hutchins.
Die Augen des alten Mannes füllten sich mit Tränen.
„Danke, junger Mann“, sagte er mit zitternder Stimme. „Darf ich dir eine Frage stellen?“
„Natürlich, Sir“, lächelte Lewis.
„Warum hast du dich gegen alle gestellt, nur um einem Obdachlosen zu helfen? Du hättest mich einfach rauswerfen können, und dein Chef hätte nie davon erfahren.“
„Ich kam selbst einmal hierher, um Arbeit zu suchen“, erklärte Lewis. „Ich hatte nichts. Nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Aber Mr. Hutchins gab mir eine Chance. Er bezahlte mir eine kleine Wohnung unter der Bedingung, dass ich hart arbeite. Damals habe ich verstanden, wie wichtig es ist, gut zu sein.“
Mr. Hutchins lächelte. „Du hast deinen Erben gefunden, Larry“, dachte er. Er dankte Lewis und verließ den Laden.
Sieben Jahre später, als Mr. Hutchins verstarb, erhielt Lewis einen Anruf von einem Anwalt. Es stellte sich heraus, dass der Geschäftsmann ihm sein gesamtes Vermögen hinterlassen hatte – zusammen mit einem kurzen Brief, in dem er erklärte, warum er ihn ausgewählt hatte.
**Was lehrt uns diese Geschichte?**
– Seid freundlich und respektiert andere. Lewis’ Verhalten ist ein wunderbares Beispiel dafür.
– Gutes kommt zurück. Lewis’ Aufrichtigkeit und harte Arbeit berührten Mr. Hutchins – und er machte ihn zu seinem Erben.