Ein Telefonanruf in der Wohnung fand Elliot Rowe am Herd. Das Omelett wurde in einer Pfanne gebraten und füllte die Küche mit dem Aroma von Knoblauch und geschmolzener Butter. Er wischte seine Hände gegen ein Handtuch und warf einen gereizten Blick auf den Bildschirm — die Nummer war unbekannt.
– Hallo? er antwortete kurz und folgte dem Gericht weiter.
– Mr. Rowe, das ist Ihr Familiennotar. Sie müssen morgen früh zu mir kommen. Es gibt eine erbliche Angelegenheit. Wir müssen die Dokumente unterschreiben.
Elliot hat sich verklemmt. Seine Eltern waren am Leben und gesund, also von wem konnte er geerbt werden? Er stellte nicht einmal Fragen — er nickte einfach leise, als ob der Gesprächspartner ihn sehen könnte, und legte den Hörer auf.
Am nächsten Morgen war es bewölkt und neblig. Während Elliot durch die Stadt fuhr, entwickelte sich allmählich eine leichte Verwirrung zu Ärger. Am Eingang des Notariats wartete bereits der Notar selbst auf ihn.
– Kommen Sie rein, Elliot. Mir ist klar, dass das alles komisch klingt. Aber wenn es etwas Normales wäre, würde ich Sie am Wochenende nicht stören.
Das Büro war leer. Normalerweise herrschte hier geschäftliche Hektik, aber jetzt störte nur das Echo der Schritte auf dem Holzboden die Stille. Elliot sank auf einen Stuhl vor dem Tisch und legte seine Arme um seine Brust.
– Es geht um Ihren Onkel, Walter Jonas.
—Ich habe keinen Onkel namens Walter“, entgegnete Elliott sofort.
— Dennoch hat er Ihnen sein gesamtes Vermögen vermacht. – Der Notar hat vorsichtig einen alten Schlüssel, eine vergilbte Karte und ein Blatt Papier mit der Adresse vor ihn gelegt. – Ein Herrenhaus auf dem Wasser. Jetzt gehört es Ihnen.
– Entschuldigen Sie, meinen Sie das ernst?
– Das Haus befindet sich in der Mitte des Konamah-Sees im zentralen Teil von Connecticut.
Elliot hat den Schlüssel genommen. Er war schwer, mit einem verblichenen Muster bedeckt. Er hat nie von einem Menschen oder von diesem Ort gehört. Und doch hat etwas in ihm geklickt – der Moment, in dem die Neugier den gesunden Menschenverstand übertrifft.
Nach einer Stunde lagen bereits ein paar T-Shirts, eine Flasche Wasser und etwas zu essen in seinem Rucksack. Nach Angaben des Navigators befand sich der See nur vierzig Minuten von zu Hause entfernt. Das hat nur das Interesse gestärkt: Wie konnte er nicht wissen, dass sich ein solcher Ort ganz in der Nähe verbirgt?
Als die Straße zu Ende war, öffnete sich ein See vor ihm — düster, unbeweglich wie ein Spiegel. In der Mitte erhob sich ein Haus — ein riesiges, dunkles, als ob es direkt aus dem Wasser gewachsen wäre.
Auf der Terrasse des Cafés am Wasser saßen alte Männer mit Kaffeetassen. Elliot kam zu ihnen.
—Es tut mir leid“, begann er, „dieses Haus am See … Wissen Sie, wer dort früher gelebt hat?“
Einer der Männer legte langsam die Tasse ab.
– Wir reden nicht über diesen Ort. Wir gehen nicht dorthin. Es hätte vor Jahren verschwinden sollen.
– Aber jemand hat dort gelebt, oder?
– Wir haben niemanden am Ufer gesehen. Nie. Nur nachts kommen die Bootsgeräusche zu uns. Jemand füllt die Vorräte auf, aber wir wissen nicht, wer. Und wir wollen es nicht wissen.
An der Anlegestelle bemerkte er ein verblasstes Schild: «June-Boote». Im Inneren wurde sie von einer Frau mit einem müden Gesicht begrüßt.
—Ich brauche ein Boot zu diesem Haus in der Mitte des Sees“, sagte Elliot und streckte den Schlüssel aus. – Ich habe es geerbt.
—Da fährt niemand hin“, antwortete sie kalt. – Dieser Ort macht vielen Angst. Mich auch.
Aber Elliot hat sich nicht zurückgezogen. Seine Worte wurden immer beharrlicher, bis sie schließlich zustimmte.
– gut. Bringe. Aber ich werde nicht auf dich warten. Ich bin morgen wieder da.Das Haus stand wie eine vergessene Festung über dem Wasser. Der Boardsteg schwankte unter den Füßen. Jun hat sich ordentlich angelegt, das Seil geworfen.
„Wir sind angekommen“, murmelte sie.
Elliot stieg auf den wackeligen Bodenbelag, wollte ihr danken, aber das Boot war bereits weg.
– Viel Glück! Ich hoffe, dass du morgen hier auf mich wartest „, rief sie und verschwand im Nebel.
Jetzt war er allein.
Die Hand griff zum Schloss. Der Schlüssel ging leicht ein. Es klickte taub, und die Tür öffnete sich langsam und knarrte.
Im Inneren roch es nach Staub, aber es war überraschend frisch. Große Fenster, verdunkelte Vorhänge und viele Porträts. Einer hat besonders Aufmerksamkeit erregt – ein Mann am See, hinter dessen Rücken dieses Haus stand. Bildunterschrift: „Walter Jonas, 1964“.
In der Bibliothek waren die Wände mit Büchern mit Feldmarkierungen ausgestattet. Im Eckzimmer stand ein Teleskop und ordentliche Stapel Notizblöcke — Beobachtungs- und Wetteraufzeichnungen, die jüngsten stammen aus dem vergangenen Monat.
– Wonach hat er gesucht? – Elliot flüsterte.
Es gibt Dutzende von Stunden, die im Schlafzimmer stehen geblieben sind. Auf der Kommode befindet sich ein Medaillon. Im Inneren befindet sich ein Foto des Babys mit der Aufschrift: «Rowe».
– Ist er mir gefolgt? Für meine Familie?..
Auf dem Spiegel hing ein Zettel: «Die Zeit offenbart, was längst vergessen schien.»
Und auf dem Dachboden lagen Kisten mit Zeitungsausschnitten. Einer wurde rot umkreist: „Der Junge aus Middletown ist verschwunden. Gefunden in ein paar Tagen ohne Spuren von Schaden .» Das Jahr ist 1997. Elliot ist blass geworden. Er war es.
Im Esszimmer wurde einer der Stühle weggeschoben. Darauf lag sein Schulfoto.
—Das ist mehr als nur eine Merkwürdigkeit“, murmelte er und spürte ein Geräusch und Verwirrung in seinem Kopf.
Der Magen hatte Angst. Er hatte schnell die in einem alten Buffet gefundenen Konserven gegessen und stieg ohne einen einzigen Ton in eines der Gästezimmer auf. Die Laken waren sauber, als hätten sie lange auf jemanden gewartet. Vor dem Fenster fing der See das blasse Licht des Mondes auf, und das Haus schien lebendig zu sein — es fühlte sich an, als würde es mit der Wasseroberfläche atmen.
Aber es hat nicht geschlafen. Zu viele Fragen. Wer ist Walter Jonas? Warum hat niemand von ihm gehört? Warum haben die Eltern nie einen Bruder erwähnt? Und warum diese mysteriöse Obsession mit ihm selbst?
Als Elliot dennoch in einen unruhigen Schlaf fiel, herrschte bereits eine echte Dunkelheit im Haus — eine, in der das Quietschen der Dielen wie ein Schritt erscheint und der Schatten an der Wand ein Lebewesen ist.
Ein scharfes metallisches Klirren durchbrach die Stille. Er setzte sich scharf in sein Bett. Das zweite Geräusch ist, als ob irgendwo unten eine massive Tür geöffnet wäre. Elliot schnappte sich das Telefon — es gab keine Verbindung. Nur seine eigenen angespannten Augen spiegelten sich im Bildschirm des Telefons wider.
Er nahm eine Taschenlampe und ging in den Flur.
Die Schatten sind dichter geworden, fast greifbar. Jeder Schritt reagierte mit einer tauben Angst im Inneren. In der Bibliothek schwankten die Bücher ein wenig, als hätte sie jemand gerade berührt. Die Tür zum Büro blieb noch offen. Kalte Luft zog wegen eines Wandteppichs an der Wand, den Elliot vorher nicht einmal bemerkt hatte.
Er hat den Stoff weggeworfen – dahinter verbarg sich eine schwere eiserne Tür.
—Nur nicht das“, flüsterte er, aber die Finger legten sich selbst auf den kalten Griff.
Die Tür erlag mit Mühe. Dahinter begann eine Wendeltreppe, die unter das Haus führte, unter Wasser. Mit jedem Schritt wurde die Luft feuchter, dicker, getränkt mit dem Geruch von Salz, Metall und etwas Altem, als würde sie in die Geschichte eingehen.
Unten erstreckte sich ein langer Flur, der mit Schränken und Schubladen gefüllt war. Die Inschriften darauf lauten: „Genealogie», «Korrespondenz», „Expeditionen“.
Eine der Boxen war mit «Rowe» gekennzeichnet.
Elliot zog ihn mit zitternder Hand vor. Darin lagen Briefe. Alle sind an seinen Vater gerichtet.
«Ich habe es versucht. Warum schweigst du? Das ist ihm wichtig. Für Elliot …»
– Also ist er nicht verschwunden. Er hat geschrieben. Er wollte mich kennen „, flüsterte Elliot.
Am Ende des Korridors befand sich eine weitere massive Tür mit der Aufschrift: «Nur für autorisierte Personen. Das Jonas-Archiv» . Sie trug keinen Stift, nur einen Handflächenscanner. Daneben klebt ein Zettel: „Für Elliot Rowe. Nur für ihn .»
Er legte seine Hand an.
Click. Der Raum wurde sanft beleuchtet. Der Projektor wurde lebendig, und die Silhouette eines Mannes entstand an der Wand.
Graue Haare, müde Augen. Er sah Elliot direkt an.
– Hallo, Elliot. Wenn du das siehst, dann bin ich nicht mehr da.
Ein Mann stellte sich vor: Walter Jonas.
„Ich bin … dein richtiger Vater. Du hättest es nicht so erfahren sollen, aber ich fürchte, deine Mutter und ich haben viele Fehler gemacht. Wir waren Wissenschaftler, besessen vom Überleben, vom Klima, vom Schutz der Menschheit. Sie starb bei der Geburt. Und ich … Ich hatte Angst. Ich hatte Angst vor dem, was ich werden kann. Deshalb habe ich dich meinem Bruder gegeben. Er hat dir eine Familie gegeben. Aber ich habe nie aufgehört, dir zu folgen. Von hier. Aus dem Haus am See. aus der Ferne».
Elliot sank auf den Laden, ohne die Beine zu spüren.
— Du warst es … die ganze Zeit.…
Die Stimme auf der Aufnahme zuckte:
«Ich hatte Angst, dich zu brechen, aber du bist ein starker, freundlicher Mensch geworden — besser, als ich mir vorstellen konnte. Jetzt gehört dir dieses Haus als Teil deines Weges, als Chance. Vergib mir: für das Schweigen, für die Feigheit, für das, was ich in der Nähe war, aber nie wirklich in der Nähe.»
Das Bild ist ausgegangen.
Elliot wusste nicht, wie lange er im Dunkeln saß. Dann stieg er langsam auf, wie in einem Traum, und kehrte nach oben zurück. Bis zum Morgengrauen wartete Jun bereits am Steg auf ihn. Als sie ihn sah, runzelte sie die Stirn:
– Geht es dir gut?
„Jetzt ja“, antwortete er leise. – Ich musste es nur verstehen.
Er kam nach Hause, um mit seinen Eltern zu sprechen. Sie hörten still zu, ohne zu unterbrechen. Und dann umarmten sie ihn.
„Vergib uns“, flüsterte die Mutter. – Wir dachten, es wäre besser.
„Danke“, sagte er. – Ich weiß, es war nicht einfach.
Elliot legte sich in dieser Nacht in sein Bett. Die Decke ist gleich geblieben. Aber alles schien jetzt anders zu sein.
Nach ein paar Wochen kehrte er wieder an den See zurück. Nicht um zu leben, sondern um sich zu erholen. Das Haus hat ein Zentrum für Klima- und Geschichtsstudien eröffnet. Die Kinder liefen durch die Gänge, die Nachbarn kamen mit einem Lächeln. Das Haus war kein Zufluchtsort mehr für Geheimnisse und Geister. Es ist wieder ein Ort des Lebens geworden.