Meine Highschool-Freundin tauchte 48 Jahre nach unserem letzten Treffen bei mir zu Hause auf und hielt eine alte rote Schachtel in der Hand

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Howard hat sein Leben allein verbracht. Als ein Klopfen durch sein stilles Zuhause hallt, öffnet er die Tür – und steht Kira gegenüber, seiner ersten Liebe. Sie hält ihm eine abgenutzte rote Schachtel entgegen. „Ich hätte dir das schon vor all den Jahren geben sollen“, sagt sie. Drinnen liegt ein Geheimnis, das sein Herz brechen wird – und es zugleich heilen kann.

Ich saß zusammengesunken in meinem Lieblingssessel, halb in eine Wiederholung einer alten Sitcom vertieft, als es an der Tür klopfte.

Ich dachte mir nichts dabei. Die Nachbarskinder kamen oft vorbei, besonders unter der Woche, wenn ich meine Busroute beendet hatte. Ich hatte nie eine eigene Familie, also genoss ich ihre Gesellschaft.

Sie drängten sich auf meine Veranda, gespannt auf Geschichten oder eine Partie Brettspiele im Garten. Diese Besuche waren die Höhepunkte meines ruhigen Lebens, die Lücken zwischen der morgendlichen Route und der abendlichen Stille füllten.

Ich stemmte mich aus dem Sessel hoch und lächelte bereits.

„Ich komme!“ rief ich und schlurfte zur Tür.

Vielleicht war es der kleine Tommy, der mir sein neuestes Wissenschaftsprojekt zeigen wollte, oder Sarah, die Hilfe bei ihren Matheaufgaben brauchte.

Doch als ich die Tür öffnete, geriet meine Welt ins Wanken.

Eine Frau in meinem Alter stand dort, eine kleine, rote Schachtel in den Händen, so abgenutzt wie wir selbst. Ihr silbergesträhntes Haar fing das Nachmittagslicht ein.

Sie kam mir vage bekannt vor, aber erst als sich unsere Blicke trafen, erkannte ich sie. Mein Herz setzte aus, begann wieder zu schlagen und stolperte dann, als müsste es das Schlagen neu lernen.

„Kira?“ Der Name fühlte sich fremd auf meiner Zunge an, wie eine Sprache, die ich verlernt hatte. „Bist du es wirklich?“

Sie legte den Kopf leicht schief und lächelte. Es war nicht mehr das helle, unbeschwerte Lächeln, das ich aus unserer Jugend kannte, aber dennoch eindeutig sie – meine Highschool-Liebe, das erste Mädchen, das ich liebte. Und das erste, das mir das Herz brach.

„Hallo, Howard.“ Ihre Stimme klang tiefer als damals, aber immer noch unverkennbar ihre. „Ich habe zwei Jahre lang nach dir gesucht. Und jetzt habe ich dich endlich gefunden.“

„Du bist zurück?“ hauchte ich. Eine Frage, die direkt aus meinem Herzen kam, nicht aus meinem Kopf. Gefühle, von denen ich geglaubt hatte, sie längst begraben zu haben, erwachten wieder zum Leben. „Aber…“

Aber es ergab keinen Sinn. Nicht nach all diesen Jahren. Plötzlich war ich nicht mehr 65. Ich war 17 – und die Erinnerung an die Nacht, in der Kira mir das Herz brach, traf mich wie ein Schlag.

### Vor 48 Jahren

Die Turnhalle funkelte im Licht billiger Prom-Dekorationen und noch billigerer Träume. Papierschlangen hingen von den Basketballkörben, und die Discokugel verstreute Lichtpunkte über Kiras blaues Kleid, während wir auf der Tanzfläche schwankten.

Ihr Kopf ruhte an meiner Schulter, dunkles Haar fiel in Wellen über ihren Rücken. Ich spielte mit einer losen Strähne und lächelte sie an.

Wenn ich an die Zukunft dachte, sah ich nur Kira und mich – gemeinsam leben, gemeinsam alt werden. Ich wollte sie fragen, ob sie mich heiraten würde, aber ich hatte noch nicht den Mut gefunden.

„Howard?“ flüsterte sie an meinem Kragen.

„Hmm?“

„Können wir kurz rausgehen?“ Sie blickte zu mir auf, und etwas in ihren Augen ließ mich innehalten.

Ich nickte und führte sie durch die Menge, unsere Finger ineinander verschränkt.

Die Frühlingsluft traf uns wie ein Weckruf, frisch und kühl nach der stickigen Turnhalle.

Kira führte mich zu der alten Eiche, unter der wir uns in unserem ersten Jahr zum ersten Mal geküsst hatten.

„Was ist los?“ fragte ich, als ich bemerkte, dass sie meinen Blick nicht ganz erwiderte.

Sie nahm meine Hände in ihre. „Ich wollte es dir nicht früher sagen. Ich wollte, dass diese Nacht perfekt wird.“

„Mir was sagen?“

„Wir ziehen um.“ Ihre Stimme brach. „Nach Deutschland. Die Firma meines Vaters… sie versetzen ihn. Wir fliegen morgen.“

Die Welt hörte auf, sich zu drehen. „Morgen? Aber… was ist mit dem Abschluss? Mit dem College? Wir wollten doch zusammen aufs College gehen.“

„Ich weiß.“ Tränen rannen über ihre Wangen und fingen das Mondlicht ein. „Ich habe sie angefleht, zu warten, nur damit ich den Abschlussball mit dir haben kann. Aber Daddy muss am Montag anfangen.“

All meine Träume von unserer gemeinsamen Zukunft zerbrachen in diesem Moment wie Glas. Aber nein, ich würde nicht so einfach aufgeben.

„Wir können schreiben… telefonieren. Ich besuche dich, wenn ich einen Job habe…“

Kira schüttelte den Kopf und wischte sich über die Augen. „Howard, du weißt, dass Fernbeziehungen nie funktionieren. Du wirst vielleicht jemanden im College kennenlernen, und ich will dich nicht zurückhalten.“

„Niemals!“ Ich hielt ihre Hände fester. „Du bist die Liebe meines Lebens, Kira. Ich warte auf dich, egal wie lange es dauert. Ich… ich will dich heiraten.“

Sie legte ihre Hände auf ihren Mund und brach in Tränen aus. Ich zog sie an mich, versuchte, mir diesen Moment einzuprägen, während ich ihr Versprechen abnahm, in Kontakt zu bleiben.

Wir standen noch lange unter der alten Eiche, hielten uns fest, als könnten wir die Zeit anhalten, wenn wir nur stark genug daran glaubten.

„Ich werde dir schreiben“, versprach sie mir, als wir uns trennten.

Aber ich hörte nie wieder von ihr. Bis jetzt.

### Gegenwart

„Howard?“ Kiras Stimme riss mich zurück in die Realität.

„Warum bist du hier, Kira? Warum jetzt?“

Sie hielt mir die kleine, rote Schachtel hin. „Ich hätte sie dir damals geben sollen, aber meine Mutter hat sie nie abgeschickt. Und weil sie das nicht tat, hat sich unser Leben für immer verändert. Bitte, öffne sie jetzt.“

Ich nahm sie mit zitternden Fingern entgegen.

Als ich den Deckel hob, lag darin ein vergilbter, gefalteter Brief. Und darunter – mein Herz setzte aus – ein Schwangerschaftstest.

Ein positiver Schwangerschaftstest.

„Kira…“ Mein Name brach auf meinen Lippen.

„Ich habe es erst nach unserem Umzug erfahren“, sagte sie, als hätte sie diese Worte jahrelang unterdrückt. „Ich gab die Schachtel meiner Mutter und bat sie, sie dir zu schicken. Als ich nie eine Antwort bekam, dachte ich… ich dachte, du wolltest uns nicht.“

„Aber ich wusste es nicht“, flüsterte ich, die Hände zitternd um diesen kleinen Plastikstreifen, der alles verändert hatte. „Ich habe auf einen Brief von dir gewartet, aber er kam nie.“

„Ja… deswegen bin ich jetzt hier. Ich habe die Schachtel erst vor kurzem gefunden, auf dem Dachboden meiner Mutter.“

„Ich habe unser Kind allein großgezogen, Howard. Mit der Hilfe meiner Eltern. All die Jahre dachte ich, du hättest uns verlassen.“

Die Welt drehte sich. Ein Kind. Wir hatten ein Kind.

„Hast du…“ Meine Stimme versagte. „Hast du das Baby bekommen?“

Sie nickte, ein Lächeln durchbrach ihre Tränen. „Einen Sohn. Unseren Sohn.“

„Wo ist er?“

Kira blickte zur Straße. „Er ist hier. Im Auto. Möchtest du ihn kennenlernen?“

Ich war bereits auf dem Weg.

Ein Mann stieg aus, die Züge meines jüngeren Ichs spiegelten sich in seinem Gesicht.

Er trat vor, blieb am Fuß der Veranda stehen.

„Hallo, Dad.“

Tränen liefen über mein Gesicht. Ich schloss ihn in meine Arme – und ließ ihn nie wieder los.

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